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Ist die Entkoppelung von Arbeitszeit und Entlohnung eine Lösung im sich verändernden Wirtschaftssystem?

Vor kurzem berichteten wir an dieser Stelle über die Fortschritte bei der Digitalisierung und Automatisierung der bekannten Arbeitswelt. Unstrittig ist allgemein, dass sich unsere Arbeitswelt massiv verändern wird. Nur was heißt das konkret? Wie können bisher bestehende Arbeitsmodelle ohne große soziale Verwerfungen diesen neuen Aspekten und Notwendigkeiten angepasst werden?

 

Nun ist es nicht so, als dass Roboter oder gar künstliche Intelligenz kurz davor stünden, uns Menschen in der Arbeitswelt überflüssig zu machen. Zahlreiche Veröffentlichungen in den Medien geben hier ein verzerrtes Bild wieder. Dennoch treibt viele Arbeitnehmer, vor allem in jungen Jahren und mittleren Alters die generelle Sorge um, wie sie bis zur Verrentung künftig ihr Auskommen bestreiten können und wer danach ihre Rente finanziert. Dies trifft beileibe nicht nur Arbeiter und Hilfskräfte mit weitgehend körperlichen Tätigkeiten, sondern hochqualifizierte Büroangestellte und Beamte gleichermaßen.

 

Die Rechnung dabei ist auf den ersten Blick einleuchtend: immer mehr einfache Arbeiten werden den Menschen von Maschinen abgenommen, wodurch natürlich Arbeitsplätze eingespart werden können. Der Reinigungsroboter in Hotelfluren oder die automatische Übernahme von Zahlungsvorgängen in das Buchhaltungssystems eines Unternehmens sind zwei gängige Beispiele dafür, dass sowohl „Blue-collar“-, als auch „White-collar-worker“ von der bereits begonnenen Transformation betroffen sein werden. Bei einem, auch durch Einwanderung, gleichbleibenden Bevölkerungsdurchschnitt müsste daher die Arbeitslosigkeit automatisch wieder ansteigen, zumal nicht jede Reinigungsfachkraft zu einem Informatiker oder zu einem anderen MINT-Beruf umgeschult werden kann. Die Vielfalt der Arbeitsbereiche für Menschen wird abnehmen und sich auf hochspezialisierte Kerne, in denen Maschinen (noch) keine menschliche Intelligenz ersetzen können, konzentrieren. So der Tenor.

 

Dieser Logik fehlen aber mehrere bedeutsame Aspekte. Zum einen war es bisher im industriellen Zeitalter seit ca. 1800 immer so, dass neue Technologien stets zu mehr Arbeit geführt haben. Darauf gingen wir im vorherigen Beitrag in dieser Reihe bereits ausführlich ein. Neue Technologien wurden und werden meist mit Bestehendem kombiniert, was immer zu neuen Tätigkeitsbereichen geführt hat, ohne das die Alten verschwunden wären. Der Landwirt säht nicht mehr mit der Hand, sondern hat dafür einen speziellen Traktor, der in einer Fabrik produziert und durch eine Werkstatt gewartet werden muss. Außerdem benötigt er Treibstoff, der zunächst gefördert, raffiniert, transportiert und an einer Zapfsäule zum Kauf zur Verfügung gestellt werden muss. An diesem einfachen Beispiel zeigt sich die Win-Win-Situation, die sogar dem Endverbraucher nützt, da die landwirtschaftlichen Erzeugnisse sich erwiesenermaßen durch die Automatisierung im primären Sektor vergünstigt haben.

 

Allerdings schafft mehr Arbeitsvolumen nicht automatisch mehr Arbeitsplätze. Diese Unterscheidung ist für die Betrachtung bzw. den Ausblick auf die künftigen Erwerbsmöglichkeiten wesentlich. Diese wird aber in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen meist nicht gemacht und führt daher zu Sorgenfalten bei der Leserschaft.

Grundsätzlich kumuliert man unter Arbeit alle Tätigkeiten, die von Menschen oder Maschinen erledigt werden können. Der Job hingegen ist per Definition ein Vertrag zwischen zwei Rechtspersönlichkeiten, meist einem Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer. Wesentlich dabei ist, dass der Arbeitnehmer neben seinem Fachwissen einen Gutteil seiner Lebenszeit dem Arbeitgeber zur Verfügung stellt und demensprechend vom Arbeitgeber einen Lohn oder ein Gehalt erhält. Nachdem bislang der durch den Menschen zu erbringende Anteil während dieser „bezahlten Zeit“ im Vergleich zu den eingesetzten Hilfsmitteln (Fräse, Computer, Traktor, etc.) klar überwogen hat, gab es keine Diskussion darüber, ob der Mensch in diesen Arbeitsprozessen sein Geld wert sei. Diese Koppelung ist bis jetzt auch nachvollziehbar und sinnvoll. Nur wenn der Fernfahrer seinen LKW aber nicht mehr aktiv über die Straßen führen muss, sondern nur für Notfälle auf dem Bock sitzt, oder wenn der Buchhalter nur noch stichprobenartig die korrekte Verknüpfung der elektronischen Schnittstellen kontrollieren muss, stellt sich nicht nur arbeitgeberseitig die Frage, ob diese letzte Sicherheitsschranke, besetzt durch Menschen, nicht im Vergleich zur arbeitsintensiven Gegenwart zu teuer sein könnte. Neben den monetären Aspekten ist auch der Frust der Arbeitnehmer, keiner wirklich sinnstiftenden Tätigkeit mehr nachzugehen, nicht zu unterschätzen, dies ist ein eigenes Thema.

Wie aber kann man Arbeit als messbare Größe und die Jobs künftig zusammenbringen? Wie machen wir das bestehende Wirtschaftssystem für die künftigen Regeln des Lebens fit?

 

Zunächst ist wichtig, dass sich die Gesellschaft des Zwangs zur Veränderung bewusst wird. Eingetretene Pfade muss man gelegentlich verlassen. Als ersten Schritt sollten wir die Arbeit als allgemeine Größe von der Arbeitszeit entkoppeln. Künftig wird es nicht mehr so entscheidend sein, wie lange wir mit beruflichen Dingen im Laufe eines Tages beschäftigt sind. Die Hinwendung von der Quantität zur Qualität wäre ein erster wichtiger Schritt um den anstehenden Veränderungen zu begegnen, ohne dass es zu Verwerfungen kommt. Dies vor dem Hintergrund, dass uns tatsächlich Maschinen aller Art zeitaufwändige, zugleich aber geistig nicht allzu fordernde Tätigkeiten abnehmen werden. Beim Blick in eine moderne Fertigungshalle ist das sogar keine Zukunftsmusik mehr, sondern im Laufe der vergangenen vier Jahrzehnte sukzessive Realität geworden. Jeder kennt den Kurzfilm Charly Chaplins „Moderne Zeiten“: der Arbeiter verbringt seinen Tag damit, immer dieselbe Drehbewegung an Schrauben der Bauteile, die auf einem Fließband befördert werden, zu machen. Dafür gibt es seit Längerem Roboter, die auf diesen „Handgriff“ programmiert worden sind und rund um die Uhr nichts anderes tun. Neu ist die Ausweitung auf Berufe, die außer der zwischenzeitlich gewohnten EDV-Ausstattung noch sehr viel menschliche Leistung erfordert. Hier werden sicherlich monotone Tätigkeiten, die nicht mit Kreativität, Konstruktion, Entwicklung und Qualitätskontrolle zu tun haben, größtenteils hardware- oder softwareseitig von künstlichen „Kollegen“ abgenommen werden. Die betroffenen Arbeitnehmer müssen deshalb aber nicht komplett umschulen. Sie können vielmehr ihr Wissen, nun frei von alltäglichem Trott, wesentlich besser einsetzen, projektbezogen an der wachsenden Wertschöpfung aktiv teilnehmen und –haben, wie das zu allen Zeiten im Rahmen der jeweiligen Umstände der Fall gewesen ist. Zu Kaisers Zeiten konnte man sich noch keinen Automechatroniker vorstellen, vor 50 Jahren noch keinen SEO-Manager und natürlich all die anderen „Internet-Berufe“, die uns heute doch schon so selbstverständlich sind.

 

Nur wer kann diese Haltungsänderung anstoßen und zum mutigen Aufbruch blasen?

Die Politik und auch die Wirtschaftswissenschaften müssten, was Aufklärung über Notwendigkeiten, aber auch vielfältige Chancen angeht, aktiv das Heft in die Hand nehmen. Der Gang an die Öffentlichkeit muss gewagt werden. Nicht, wie bisher teilweise, mit Schreckensszenarien von angeblicher Massenverarmung der Menschen, sondern mit Zielen und Möglichkeiten in der sich unaufhaltsam verändernden Wirtschaftswelt. Auch viel beachtete Wirtschaftsforen wie das „World Economic Forum“ in Davos (CH), das russische „Gaidar Forum“ oder die chinesischen und US-amerikanischen Pendants und Think-Tanks in diesem Bereich sollten nicht mehr über alte Zöpfe predigen, sondern die geistige Avantgarde der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts darstellen. Dabei ist die Gesellschaft insgesamt mitzunehmen. Das heißt, so anzusprechen, dass es die Chancen auch verstanden werden. Veränderungen beginnen in den Köpfen der einzelnen Menschen. Wer Möglichkeiten aufgezeigt bekommt, entwickelt im Normalfall auch Offenheit für Neues. Dabei darf es keine Denkverbote geben. Auch über das Bedingungslose Grundeinkommen sollte in diesem Zusammenhang gesprochen werden dürfen, ohne dass gleich Scharlatanerie gerufen wird.

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Herr Daniel Stock d.stock(@)top-jobs-europe.de