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Frauenquote in Aufsichtsräten: eine erste Bestandsaufnahme bei deutschen Aktiengesellschaften

Seit einem Vierteljahr gilt nun die gesetzliche Frauenquote, wie sie von der Großen Koalition in Kraft gesetzt wurde. Wir berichteten in unserem Blog bereits zu den Inhalten dieses Gesetzes und die sich daraus ergebenen Konsequenzen. Nun hat der BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie eine erste Erhebung durchgeführt, deren Ergebnisse zumindest für Kenner nicht überraschend sein dürften.

 

Die 30 größten, im DAX zusammengefassten Aktiengesellschaften hatten im Mittel das gesetzliche Ziel von einer Quote mit 30 % bereits vor ihrer Einführung fast erreicht. Durchschnittlich sind knapp 27 % aller Aufsichtsratsposten mit Frauen besetzt. Rund zwei Jahre haben diese Unternehmen Zeit, die Quote zu erreichen, bzw. zu übertreffen. Ansonsten müssen Sitze in den Aufsichtsräten leer bleiben. Eine „Politik des leeren Stuhls“ ist bei diesen Großkonzernen aber nicht zu befürchten. Schon aus Prestigegründen können es sich diese Unternehmen gar nicht leisten, sich dem unterschwelligen Vorwurf der Diskriminierung auszusetzen. Zudem führen diese global aufgestellten Konzerne in der Regel sogar eine allgemein auf weibliche Fach- und Führungskräfte ausgerichtete Werbekampagne.

 

Der Hauptgeschäftsführer des BDI, Herr Markus Kerber führt in der Präsentation der Studie aus: „Dass diese enormen Fortschritte ganz ohne gesetzliche Vorgaben stattfinden, beweist einmal mehr: für die Zunahme von weiblichen Führungskräften in Top-Positionen braucht es keine starre Quote, denn sie liegt im ureigenen Interesse der Unternehmen“. Inwiefern die bis Frühjahr 2015 noch freiwillige Quote wegen der Ankündigungen der Koalition auf eine gesetzliche Regelung bereits gestiegen war, ist schwer zu sagen. Quotenbefürworter jedenfalls hegen diesen Verdacht.

Erst der Blick auf die sogenannte zweite und dritte Reihe der deutschen Aktiengesellschaften ergibt noch ein anderes Bild. Bei den Indexmitgliedern des M-Dax sowie des Tec-Dax ist noch viel Nachholbedarf. Auch hier bestätigen positive Ausnahmen die Regel, durchschnittlich beträgt der Frauenanteil in den Kontrollgremien der AGs aber nur rund 17 %. Betroffen sind rund 100 Unternehmen, die börsennotiert und voll mitbestimmungspflichtig sind. Hier gilt die starre 30% Quote verbindlich.

Darüber hinaus betrifft die flexiblere Bestimmung für rund 4000 weitere Unternehmen, die sich bis Ende September ein individuelles Ziel für die Erhöhung des Frauenanteils in den Führungsgremien setzen müssen. Spätestens bis Mitte des Jahres 2017 muss dieses Ziel dann erreicht sein. Sanktionen bei Nichterfüllung müssen aber nur jene Unternehmen mit der starren Quote befürchten.

 

Mit einem Appell vor allem an Ministerin Manuela Schwesig (SPD) warnt der BDI vor einer nachträglichen Verschärfung der nun erst seit Kurzem bestehenden Regelung. Auch versucht der BDI, Erwartungen an die Quotenziele zu dämpfen, vor allem wegen der sehr kurzen Fristen bis zur Einführung. Dies mache auf viele den Eindruck, als ob die ersten Zielgrößen wenig ambitioniert seien. Daher werden viele kleinere Aktiengesellschaften deren Führungsgremien aus höchstens drei Personen bestünden, sich zunächst die „Zielgröße 0“ setzen, so der BDI Hauptgeschäftsführer weiter. Er sagte zudem: „Die Wirtschaft erwartet, dass diese Lösung – die im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist – auch von der Politik respektiert wird, zumal der Bund selbst in seinen Gremien erst ab drei Personen quotieren muss.“ Bundesfrauenministerin Schwesig hatte für den Fall eines faktischen Boykotts der kleineren betroffenen Unternehmen in Bezug auf die Einführung der Quote laut über die Verschärfung durch Einführung der starren Quote mit 30 % auch ebendort nachgedacht. Der Bund selbst möchte aber erst Anfang des Jahres 2018, wenn dann die Übergangsfristen abgelaufen sind, die dann eingetretene Situation überprüfen. Und so mancher Unternehmer hofft vielleicht insgeheim darauf, dass sich nach der turnusmäßigen Bundestagswahl im Herbst 2017 ggf. die Mehrheitsverhältnisse im Bund geändert haben könnten.

 

Eine faustdicke Überraschung hat der BDI aber doch noch: anders als bei den Aufsichtsräten, die bekanntlich nur eine Kontrollfunktion ausüben, sankt der Frauenanteil in den operativ wichtigen Vorständen seit 2013 sogar leicht!

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Herr Daniel Stock d.stock(@)top-jobs-europe.de