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Erklärungen für die wachsende Lohnungleichheit

Immer wieder ist zu hören und zu lesen, dass sich die sogenannte Schere zwischen „arm und reich“ immer weiter öffnet. Studien belegen mittlerweile, dass es sich dabei nicht nur um empfundene Ungerechtigkeit handelt, sondern ein solches Auseinanderdriften wissenschaftlich belegbar ist. Außerdem taugt die voranschreitende Globalisierung zur Überraschung einiger nicht als Hauptursache für die wachsenden Unterschiede hierzulande.

 

Eine in diesen Tagen veröffentlichte Studie der „Bertelsmann Stiftung“ in Kooperation mit dem renommierten „ifo-Institut“ kommt zu einem, für Kenner wenig überraschenden Ergebnis: In den vergangenen 30 Jahren haben sich immer mehr Unternehmen aus der Tarifbindung verabschiedet. Von ca. 60 % Ende der 1980er Jahre waren es im Jahr 2010 nur mehr ca. 35 %. Die Auswirkungen auf die tariflich bezahlten Beschäftigten sind noch dramatischer: wurden vor knapp drei Jahrzehnten noch rund 82 % aller in Deutschland (damals West-BRD) Beschäftigten nach den Regelungen der Manteltarifverträge bezahlt, so waren es 2010 nur noch 62 %. Daraus folgt zwangsläufig, dass die Bezahlung für vergleichbare Tätigkeiten innerhalb einer Branche im bundesweiten Vergleich immer mehr variiert. Kaum verwunderlich, dass die Entkopplung von Tarifverträgen meistens mit schlechteren Vergütungsbedingungen für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einhergeht. Für den Zeitraum von 1996 bis jetzt konnte im Rahmen der Studie sogar eine wachsende Dynamik dieses Mechanismus feststellen. Dabei spielten allerdings die typischerweise bei dieser spezifischen öffentlichen Debatte zu ungleiche Löhnen und Gehältern vorgetragenen Merkmale wie Alter, Bildung, Geschlecht oder die Herkunft aus Ost- oder Westdeutschland nur in 20 % der Fälle überhaupt eine Rolle.

 

Auch das gängige Erklärungsmuster, dass der verstärkte globale Handel zu mehr wirtschaftlicher Integration weltweit sowie erhöhtem Wettbewerbsdruck geführt haben soll, ist gemäß der Studie zwar nicht völlig von der Hand zu weisen. Allerdings konnte der durch die Globalisierung entstandene Konkurrenzdruck v.a. im verarbeitenden Gewerbe und im Handel nur mit bis zu 15 Prozent und damit als ein deutlich geringerer Faktor als gemeinhin angenommen, lokalisiert werden. Protektionistische Maßnahmen könnten nichts an der Entwicklung ändern, zumal die Lohnkluft in Deutschland sogar schneller wächst als in marktwirtschaftlich wesentlich liberaler aufgestellten Staaten wie den USA oder Großbritannien. Fazit ist also, dass die gängigen, von zahlreichen politischen Parteien angeführten Erklärungsmuster entweder gar nicht, oder zu kurz greifen. Daraus folgt zwangsläufig, dass auch die Lösungsmuster zur Besserung der Situation nicht greifen können.

 

Gleichzeitig wird immer wieder gerne ein Vergleich ins Feld geführt, welcher die oberen und die unteren 10 % der Einkommensgruppen beleuchtet. Auch hierzu gibt es belastbare Zahlen, z.B. seitens der OECD: in den 1980er-Jahren verdienten die reichsten zehn Prozent noch fünfmal so viel wie die ärmsten zehn Prozent. Heute ist es schon siebenmal so viel.

Zu diesem Auseinanderdriften hat sicherlich der bekannte Umstand geführt, dass im oberen, ohnehin außertariflich (AT) bezahlten Segment die Gehälter für Führungskräfte und akademische Spezialisten seit geraumer Zeit viel schneller ansteigen als bei der Masse der Facharbeiter, ausgebildeten Kaufleuten und natürlich auch der angelernten Kräfte. Bekannt ist ferner, dass der Niedriglohnsektor seit den Arbeitsmarktreformen des Peter Hartz unter der Kanzlerschaft Gerhard Schröders kräftig gewachsen ist. Das neue deutsche „Beschäftigungswunder“ rührt teilweise auch daher, dass Stellenaufbau vor allem in den untersten Lohngruppen stattfindet. Die Mindestlohndebatte und das damit verbundene neue Gesetz war eine fast natürliche Folge dieses Phänomens in den untersten Lohngruppen. Über das Konzept Arbeit um jeden Preis kann man streiten, dies erklärt aber keinesfalls den direkten Vergleich innerhalb spezifischer Branchen und Ausbildungsgraden. Die gestiegene Flexibilität von Arbeitgebern, die sich aus den guten alten Tarifverträgen verabschiedet haben, hat zwar auch zur Schaffung neuer Jobs geführt. Doch die waren zumeist im Niedriglohnsektor angesiedelt. Der Anteil der Beschäftigten in gering bezahlten Arbeitsverhältnissen ist laut Bertelsmann allein zwischen 2006 und 2010 von 18,7 auf 20,6 Prozent gestiegen.

 

Die Studie bezieht sich auf vergleichbare Vollzeitstellen. Deutlich wird dargelegt, dass die schwindende Tarifbindung bei gleichzeitig abnehmenden Mitgliederzahlen der Einheitsgewerkschaften in 43 % aller Fälle für Lohnungleichheit verantwortlich ist.

 

Die Autoren fordern, es müsse eine neue Balance zwischen Beschäftigung und Verteilung gefunden werden. Auch nach Einführung des Mindestlohns bestehe hier weiter Handlungsbedarf. „Vor allem Langzeitarbeitslosigkeit, mangelnde Aufstiegsmöglichkeiten aus atypischer Beschäftigung und Altersarmut bleiben andernfalls Treiber von wachsender sozialer Ungleichheit“, sagte Bertelsmanns Vorstandsvorsitzender Aart De Geus.

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Herr Daniel Stock d.stock(@)top-jobs-europe.de